Wollte, könnte, sollte – wie der Konjunktiv uns ausbremst
Wollte, könnte, sollte oder müsste – was wirklich dahinter steckt, wenn gesetzte Ziele und Wünsche nicht umgesetzt werden
Willkommen im Konjunktiv,
hier könnte alles so schön sein.
Der Konjunktiv – diese scheinbar harmlose grammatikalische Form – ist mehr als nur ein Stilmittel der deutschen Sprache. Hier dient es dazu, wenn man mögliche und unmögliche Dinge sprachlich darstellen möchte.
Er ist aber auch ein Symbol für die Art und Weise, wie Träume und Wünsche in eine Scheinwelt verbannt werden und – nicht umsetzt werden. Würde, könnte, sollte oder müsste – diese Worte markieren häufig die Grenze zwischen Wunsch und Wirklichkeit.
Aber warum behindert uns dies, das zu tun, was wir wirklich wollen? Und welche Rolle spielt dabei die erlernte Hilflosigkeit? Dies möchte ich im Blogartikel näher beleuchten – ebenso 5 Schritte, um sich daraus zu befreien.
Der Konjunktiv: Eine mentale Falle
Der Konjunktiv dient in der Sprache dazu, Möglichkeiten, Wünsche oder hypothetische Ideen auszudrücken. Doch psychologisch betrachtet, kann er uns in eine passive Haltung drängen und da bleibt man dann hängen, auch körperlich. Wenn wir sagen: „Ich würde gerne mehr Sport treiben“ oder „Ich sollte endlich mit dem Projekt beginnen“, signalisieren wir uns selbst, dass etwas möglich wäre – aber eben nicht real ist.
Der Konjunktiv erschafft damit eine mentale Distanz zwischen dem, was wir wollen und dem, was wir wirklich tun.
Häufig ist der Grund nicht Faulheit oder mangelnder Wille. Sondern Angst, vielleicht auch Scham vor dem Scheitern, vor Veränderung oder davor, Erwartungen von sich selbst oder anderen nicht zu erfüllen.
Oder lässt die Möglichkeit offen, eine endgültige Entscheidung zu fällen. Man hält sich alles offen – aber setzt am Ende gar nichts um.
Der Konjunktiv wird dann zur Schutzbarriere, die uns vor den Risiken des Handelns bewahrt – aber auch vor seinen Chancen, etwas in Angriff zu nehmen.
Erlernte Hilflosigkeit: Die tiefere Ursache?
Ein weiterer Faktor, der uns daran hindert, unsere Wünsche in die Tat umzusetzen, ist das Konzept der erlernten Hilflosigkeit. Dieses beschreibt einen Zustand, in dem Menschen glauben, keinen Einfluss auf ihre Lebensumstände zu haben – selbst wenn sie es könnten. Dieses Gefühl entsteht oft aus wiederholten Erfahrungen von Misserfolg oder Kontrollverlust aus der Vergangenheit. Auch fehlende positive Unterstützung von Außen ist ein Grund für die heutige Hilflosigkeit.
Die Ursache liegt – wie so oft – in der Kindheit. Martin Seligman hat vor vielen Jahren das Konzept der „Erlernten Hilflosigkeit“ entwickelt. Erlernte Hilflosigkeit wird aufgrund negativer Erfahrungen mit den Bezugspersonen entwickelt. Es ist die feste innere Überzeugung, dass man die Fähigkeit zur Veränderung der eigenen Lebenssituation verloren hat und für diesen Zustand selbst verantwortlich ist. Die Folge ist oft, dass sich daraus auch Depressionen entwickeln.
Menschen, die erlernte Hilflosigkeit verinnerlicht haben, neigen dazu, die Verantwortung für Veränderungen an äußere Umstände abzugeben. Der Satz „Ich könnte, wenn… “ wird dann zur inneren Wahrheit. Der Fokus liegt nicht mehr auf den eigenen Handlungsmöglichkeiten, sondern auf den vermeintlichen Hindernissen, die außerhalb der eigenen Kontrolle liegen. Schuld ist immer das Außen, die Umstände – das verlorene Glück. Leider!
Wie kommen wir ins Handeln – auch körperlich?
Neben den ersten Schritten ist es gut, zu wissen, dass man sich in diesem Zustand befindet. Vielleicht schmerzhaft, aber wirkungsvoll ist eine innere Nabelschau mit folgenden Schritten:
1. Den Konjunktiv hinterfragen
Beginnen Sie damit, Ihre Sprache zu beobachten. Wann und wo verwenden Sie häufig Konjunktivformen? Hinterfragen Sie, warum Sie nicht in die aktive Form wechseln. Aus „Ich sollte mehr Sport treiben“ wird dann: „Ich treibe heute 30 Minuten Sport.“ Die bewusste Entscheidung für aktive Formulierungen kann ein erster Schritt sein, ins TUN zu kommen. Vielleicht fragen sie auch gute Freunde, ob sie oft in dieser Sprachform festhängen…?
2. Körperempfindungen beachten
Welche körperliche Empfindung haben Sie in den Momenten, der inneren Blockade? Was behindert ein körperliches Aufrichten oder gerade zu stehen oder – noch wichtiger – einen Schritt nach vorne zu gehen?
Hier ist es oft hilfreich, eine körperorientierte Therapie als Unterstützung zu nutzen, um Vertrauen in die Umsetzung zu gewinnen. Manchmal liegt auch eine Erstarrung, also ein Trauma zu Grunde, dass die Umsetzung behindert.
3. Kleine Erfolge feiern
Um der erlernten Hilflosigkeit zu entkommen, ist es wichtig, sich selbst Erfolgserlebnisse zu verschaffen. Beginnen Sie mit kleinen, erreichbaren Zielen. Jede positive Erfahrung stärkt das Gefühl der Selbstwirksamkeit und zeigt Ihnen, dass Sie die Kontrolle über Ihr Leben (wieder) gewonnen haben. Sprechen Sie auch mit wohlwollenden Menschen über ihre kleinen oder größeren Erfolge – das ermöglicht, dass die Zustimmung von Außen gestärkt wird. Und diese freuen sich, daran teilzuhaben.
4. Den inneren Kritiker beruhigen
Häufig ist es eine innere, meist kritisch abwertende Stimme, die uns mit „Du kannst das nicht“ oder „Das wird sowieso nicht klappen“ blockiert. Lernen Sie, diese Stimme zu erkennen und bewusst zu hinterfragen. Schreiben Sie Ihre Ängste auf und analysieren Sie, ob sie realistisch sind. Oft sind sie es nicht. Sie kommen meist aus der Kindheit von engen Bezugspersonen, die oft selbst diese negativen Stimmen verinnerlicht haben und diese dann weitergegeben haben.
5. Veränderungen als Prozess begreifen
Handeln bedeutet nicht, alles auf einmal zu ändern. Nehmen Sie sich Zeit, Schritt für Schritt vorzugehen. Jeder noch so kleine Fortschritt bringt Sie näher an das, was Sie wirklich wollen. Und wenn es mal einen Rückschritt gibt, dann braucht es Mut und Zuversicht weiterzugehen. Vielleicht ist eine therapeutische Begleitung hier auch hilfreich, um den eigenen Weg zu unterstützen. Sich Hilfe zu suchen ist ein Teil der neuen Erfahrung!
Und nun?
Der Konjunktiv und die erlernte Hilflosigkeit sind mentale innere Blockaden, die uns oft daran hindern, unsere Träume zu verwirklichen. Doch sie sind keine unüberwindbaren Hindernisse. Mit bewusster Sprache, kleinen Erfolgserlebnissen und der Bereitschaft, alte Denkmuster zu hinterfragen, werden diese überwunden. Auch körperliche Blockaden können dabei ein wichtiger Hinweis sein.
Und der allererste Schritt: Hören Sie auf, zu sagen, was Sie könnten, und beginnen Sie es zu TUN.